Erinnerungen – aufschreiben und sich verbinden

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Der dreiwöchige Online-Kurs (MOOC) „Leben erinnern – verstehen – gestalten“ wird maßgeblich von Petra Dahlemann und Sabine Sautter kreiert. Die beiden Trainerinnen für Biografiearbeit sind die Kurswochen-Gestalterinnen. Sie bringen sich mit ihrer Kompetenz und Erfahrung und mit ihrer Haltung ein. In diesem Beitrag stellt sich Petra Dahlemann persönlich vor.

„Das Atelier ist zwischen den Menschen“, heißt es bei Joseph Beuys. Auf diesen Zwischenbereich des Miteinanders, diesen Brückenschlag kommt es mir in meiner Arbeit an. Und auch auf den offenen Werkraum eines tatsächlichen oder geistigen Ateliers, in dem Menschen herausfinden können, was ihnen wichtig ist – und dem Ausdruck geben.

In Berlin (West) geboren, in Erlangen Germanistik und Theaterwissenschaft studiert, hat es mich von München über Garmisch schließlich nach Augsburg gebracht, wo ich mit meinem Mann und dem wuscheligen Hund Socke lebe. Mit einer halben Stelle festangestellt bei einem Verein für Demenzkranke und ihre Familien und ansonsten freiberuflich arbeite ich als Bildungsreferentin, gebe außer Kursen für Biografiearbeit auch Literaturseminare und Schreibwerkstätten, führe erlebnisorientiert durch Ausstellungen und Museen für Gegenwartskunst. Ein elitäres Kulturverständnis („Mir sagt das was!“) ist mir ein Graus, vielmehr versuche ich, die Verbindung zwischen dem Kunstwerk und seinen Betrachter*innen mit all ihrer Lebenserfahrung sichtbar zu machen. Ich freue mich, wenn Menschen durch Bücher oder Bilder, Musik oder Skulpturen verstehen, in welch einzigartiger Weise sie Welt wahrnehmen und in der Welt sind.

Bei „LebensMutig“, Gesellschaft für Biografiearbeit e.V., bin ich Lehrtrainerin, biete „Kreative Methoden“ und „Didaktik“ und immer wieder auch Werkstätten zum biografischen Schreiben an. Wenn Erinnerungen nicht nur erzählt, sondern auch aufgeschrieben werden, verbindet sich das kreative Selbst des Menschen heute mit der Person, die er früher war, mit den Erfahrungen des vorangegangenen Lebens. Die Freude dieses Menschen darüber, Ausdruck zu finden, Gehör zu finden, die warmherzigen Rückmeldungen der Gruppe, das gegenseitige Verstehen im Raum – all das ist für mich unvergleichlich schön. Ein Geschenk an uns alle.

Gern arbeite ich auch biografisch mit Deutschlerner*innen, bzw. mit Menschen mit „Migrationshintergrund“. Im Erlernen einer neuen Sprache erleben Menschen über Jahre hinweg immer wieder „Korrekturen“, sie werden auf ihre Defizite hingewiesen und ihnen wird gesagt, sie sollten mehr „üben“. Das biografische Schreiben ist für sie auch eine Übung, aber nun wird auch der ungeheure Erfahrungsschatz, die Welterfahrung, der Reichtum ihrer eigenen Sprache und Kultur für alle deutlich, auch für sie selbst. Eine Mondnacht in Peking, das Wimmelbild einer Straße in Kairo, die Nutellalust einer italienischen Kindheit, Schnee aus Finnland und Erdbeerseife als Zahlungsmittel – wen kümmern bei solchem Entzücken Adjektivendungen! So oft ich kann, organisiere ich mit verschiedenen Trägern Lesungen für meine Teilnehmer*innen und habe mit Sabine Sautter jahrelang Zeitzeugenarbeit gemacht.

Ich selbst schreibe Erzählungen und Kurzprosa, mache Künstlerbücher und konzipiere mit meinem Mann Klanginstallationen und genreübergreifende Formate wie die „Wunder Bar“.

Ich freue mich auf den Online-Kurs im November und das gemeinsame Lernen und Arbeiten.

Informationen zum Bild: Installation „Hit“ von Andreas Oehlert, aufgenommen 2017 im Neuen Museum, Nürnberg.